Mittwoch, 4. März 2015

Aufgelesen XI

Vom Knast in den Dschihad


Hannover - 22. Januar 2015. Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann (CDU):

Die Abgeordnete hatte gefragt:

In den NWZ Oldenburger Nachrichten vom 29. Dezember 2014 wird berichtet, dass ein islamistischer Extremist in die JVA Oldenburg überstellt wurde, weil er am Standort Oslebshausen der JVA Bremen „offenbar aus der Zelle heraus wieder Aktivitäten in sein früheres Umfeld in Gröpelingen gestartet hatte".

Ich frage die Landesregierung:

1. Kann die Landesregierung ausschließen, dass der Inhaftierte islamistische Aktivitäten aus der JVA Oldenburg heraus entwickelt?
2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um das Fortsetzen islamistisch-extremistischer Aktivitäten von Inhaftierten zu verhindern?
3. Sind der Landesregierung Fälle der islamistischen Radikalisierung oder Versuche, andere Häftlinge zu radikalisieren, aus niedersächsischen Justizvollzugsanstalten bekannt?

Ministerin Niewisch-Lennartz beantwortet die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Der Strafgefangene ist aus Gründen der Sicherheit im Dezember 2014 von der JVA Bremen in die JVA Oldenburg verlegt worden. Er ist wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland sowie der Werbung um Mitglieder für eine terroristische Vereinigung im Ausland rechtskräftig verurteilt und islamistisch-terroristischen Kreisen zuzuordnen. Daneben sind weitere drei Gefangene, die islamistisch-terroristischen Kreisen zuzuordnen sind, in niedersächsischen Justizvollzugsanstalten untergebracht.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:
Der Gefangene ist gemäß § 82 NJVollzG in Einzelhaft auf einer Sicherheitsstation untergebracht. Telefonate, Besuche und der Schriftverkehr des Gefangenen werden überwacht. Damit ist sichergestellt, dass der Gefangene keine Möglichkeiten hat, unentdeckt islamistisch-terroristische Aktivitäten zu entwickeln.

Zu 2:
Wie bereits in meiner Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Jan-Christoph Oetjen, Hillgriet Ehlers und Dr. Stefan Birkner (FDP) „Vom Knast in den Dschihad - in Niedersachsen auch" (Landtagsdrucksache 17/2143) ausgeführt, werden die Bediensteten des Justizvollzuges über Erscheinungsformen des politischen und religiösen Extremismus in der Ausbildung, in Dienstbesprechungen und Fortbildungen sensibilisiert. Über kulturelle Aspekte und religiöse Besonderheiten von straffälligen Personen werden die angehenden Vollzugs- und Verwaltungswirte (FH) während des Studiums an der Fachhochschule für Rechtspflege unterrichtet. Aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen ist für das Jahr 2015 eine Fortbildungsveranstaltung „Politischer Extremismus heute: Islamistischer Fundamentalismus, Rechts- und Linksextremismus" geplant. Die Fortbildung informiert über diese Begriffe und ihre Hintergründe, über gegenwärtige Entwicklungen in Deutschland und ihre Relevanz für die Arbeit im Justizvollzug.

Bei der diesjährigen Fachtagung der Fachbereichsleitungen Sicherheit wird islamistisch-terroristischer Extremismus ein Schwerpunktthema sein. Ziel ist es, gemeinsam mit erfahrenen Praktikern weitere Handlungsfelder für den Justizvollzug zu identifizieren und daraus Maßnahmen abzuleiten.

Das vom Bundeskriminalamt und dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof herausgegebene Merkblatt für Justizvollzugsbedienstete über Indikatoren zum Erkennen islamistisch-terroristischer Zusammenhänge ist in der jeweils aktuellen Fassung den zuständigen Bediensteten der niedersächsischen Justizvollzugsanstalten bekannt. Danach werden Feststellungen, die strafrechtlich relevant sein könnten, den örtlich zuständigen Polizeidienststellen oder dem Landeskriminalamt mitgeteilt. Die abhängig vom Einzelfall ggfs. erforderlichen weiteren Maßnahmen werden zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Justizvollzugseinrichtung abgestimmt.

Soweit es aus Gründen, die in der Person der oder des Gefangenen liegen, unerlässlich ist, werden Gefangene gemäß § 82 NJVollzG abgesondert sowie Telefonate, Besuch und Schriftverkehr der Gefangenen überwacht.

Die Justizvollzugsanstalten beobachten die Entwicklung dieser Gefangenen aufmerksam und überwachen sie engmaschig. So wird das Verhalten und Vorgehen von Häftlingen, die dem extremistischen Umfeld zuzuordnen sind, aufmerksam beobachtet, um etwaigen zusätzlichen Handlungsbedarf zeitnah erkennen und umsetzen zu können.

Zu 3:
Nein, es gibt bisher keine konkreten Hinweise darauf, dass Gefangene in niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen radikalisiert wurden. Aktuell sind zwei junge Gefangene in Niedersachsen inhaftiert, die nach polizeilichen Erkenntnissen bereits vor der Inhaftierung unabhängig voneinander Kontakte in das islamistische Milieu unterhielten.

Interview mit Islamwissenschaftler an Uni Osnabrück

Ceylan: Früher waren sie Ausländer, dann waren sie Türken, jetzt sind sie Muslime. Wir machen aus dem Islam eine Ausländer-Religion. Wir sollten nicht dahin kommen, dass sich die Menschen aus Protest religiöser oder gar radikaler geben, als sie es in Wirklichkeit sind – nach dem gleichen Motto „black is beautiful“ der kulturellen Bewegung der Afro-Amerikaner in den 1960er-Jahren als Gegenreaktion zu den Stigmatisierungen. Ich hätte mir daher gewünscht, Frau Merkel hätte den Satz, der Islam gehöre zu Deutschland, vor drei, vier Jahren gesagt. Jetzt wird er wahrgenommen als hilflose Reaktion auf die Welle von rechts.

Focus online, 24. Januar 2015

Kein Bilderverbot im Koran

Der Koran ist streng, wie alle religiösen Schriften verbietet er viel: Selbstmord, außerehelichen Geschlechtsverkehr, Prostitution, Zinsen, den Verzehr von Schweinefleisch. Was die Heilige Schrift des Islams hingegen nicht enthält, ist ein Bilderverbot.

Spiegel online, 25. Januar 2015

Die Denk-Falle

"In der geballten Faust sind alle Finger gleich." Fürwahr ein treffender Satz für alle Wahrheits-Pächter. Wenn es nur eine Wahrheit geben soll, müssen sie sich schon die Köpfe einschlagen. Bis eine Wahrheit übrig bleibt. Mit geballten Fäusten kann man nicht aufeinander zugehen, man geht aufeinander los.
Sekten und Esoterik, 31. Januar 2015

Eine andere muslimische Gemeinde

Sie widerspricht allen Klischees: Wenn die muslimische Gemeinde Rheinland in Köln zusammenkommt, ist vieles anders. Männer und Frauen beten zusammen. Der Imam - Vorbeter - ist eine Frau. Das hat echten Seltenheitswert in Deutschland. Man trifft sich nicht freitags in der Moschee, sondern familienfreundlich am Wochenende und in Räumen einer evangelischen Kirche. Es wird locker diskutiert, aktuell über islamistischen Terror, Vorurteile gegenüber Muslimen und Pegida.

n-tv, 31. Januar 2015

Kritik an Merkel-Äußerung

Kardinal Karl Lehmann hat sich für eine kritische Betrachtung der vom früheren Bundespräsidenten Christian Wulff geprägten und jüngst von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgegriffenen Formulierung „Der Islam gehört zu Deutschland“ ausgesprochen. In einem am Dienstag vorab veröffentlichten Beitrag für die Zeitung seines Bistums Mainz, „Glaube und Leben“, spricht der Bischof von einem „Schlagwort“, das „viel zu unbestimmt“ sei.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Februar 2015

Der Koran und der Dschihad

Wie sind diese koranischen Handreichungen zum Dschihad zu interpretieren und anzuwenden? Die einschlägigen Rechtshandbücher der vier sunnitischen Rechtsschulen enthalten in der Regel einen Abschnitt, der sich mit diesen Fragen befasst. Dort besteht Einigkeit darüber, dass die Aussagen des Koran im Kontext des Konflikts zwischen Muhammad und seinen Widersachern zu sehen sind. Wenngleich die damalige Situation im Mekka und Medina des 7. Jahrhunderts nicht direkt auf andere Situationen übertragbar ist, lautet der Konsens weiter, dass Gott den Muslimen unter bestimmten Voraussetzungen den Kampf vorschreibt.

Die Welt, 11. Februar 2015

Ein Toter bei Konferenz über Blasphemie

In Kopenhagen fallen bei einer Konferenz zum Thema Meinungsfreiheit und Blasphemie mehrere Schüsse. Offenbar gilt die Attacke dem Mohammed-Karikaturisten Lars Vilks. Ein Mensch stirbt, drei weitere werden verletzt. Die Täter sind auf der Flucht - an der Grenze zu Deutschland werden die Kontrollen verschärft.

n-tv, 14. Februar 2015

Für demokratischen Islam

In einem bemerkenswert klar formulierten Manifest haben vier renommierte muslimische Intellektuelle an alle politischen und religiösen Autoritäten in den islamisch geprägten Ländern und in Europa appelliert, sich unmissverständlich für einen demokratischen Islam einzusetzen. Zu dieser Eindeutigkeit gehört auch, dass sie konkrete Schritte vorschlagen: Eine Konferenz in Frankreich Anfang 2016, bei der muslimische Persönlichkeiten "die Umrisse eines fortschrittlichen Islam skizzieren", der "fest im 21. Jahrhundert verankert" sein soll.

Deutsche Welle, 22. Februar 2015

Abnabelung vom traditionellen Islam

Damit geht es vor allem um den richtigen Weg - und um die Frage, wie weit dieser von den Muslimen gegangen wird. Entsprechend positiv waren die ersten Reaktionen auf die österreichische Regelung . Diese strebt letztlich eine Abnabelung der Muslime vom traditionellen Islam ihrer Herkunftsregionen an. Umstritten ist dabei vor allem, dass Imame künftig in Österreich ausgebildet und ansässig sein müssen und die laufenden Kosten der Religionsgemeinschaft nicht mehr aus dem Ausland gedeckt werden dürfen.

Katholischer Pressedienst, 2. März 2015