Mittwoch, 18. Januar 2017

Kopftuch-Verbot

Klägerin nicht wegen ihrer Religion benachteiligt

Osnabrück. Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück hat nach der heutigen mündlichen Verhandlung die Klage einer Lehrerin auf Entschädigung wegen religiöser Diskriminierung gegen die Niedersächsische Landesschulbehörde (Beklagte) abgewiesen.

Die Klägerin hatte einen Anspruch auf Entschädigung und Schmerzensgeld nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend gemacht. Sie sah sich aus religiösen Gründen diskriminiert, weil die Beklagte eine ihr im Jahr 2013 zunächst erteilte Einstellungszusage in den öffentlichen Schuldienst zurückgenommen hatte, als bekannt geworden war, dass sie auch im Unterricht ein (muslimisches) Kopftuch tragen wolle. Die Klägerin berief sich zur Begründung ihres Anspruchs auf die im Jahr 2015 geänderte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Dieses hat entschieden, dass das pauschale gesetzliche Verbot des Kopftuchtragens an staatlichen Schulen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 GG verletzt.

Zur Begründung der Klageabweisung führte das Gericht aus, der Anspruch auf Entschädigung sei schon deshalb zu verneinen, weil die Beklagte die Klägerin nicht „wegen ihrer Religion" benachteiligt habe. Die Beklagte habe sich vielmehr auf eine gesetzliche Grundlage im Niedersächsischen Schulgesetz gestützt, die alle Bewerber gleich behandle, indem sie sämtliche religiösen und weltanschaulichen Symbole verbiete. Damit habe die Beklagte die gleichen Einstellungsanforderungen an alle Bewerber in Hinblick auf die staatliche Neutralitätspflicht gestellt.

Selbst wenn aber eine religiöse Benachteiligung bejaht würde, sei diese hier gerechtfertigt. Für die Beurteilung des Falles sei retrospektiv die Sach- und Rechtslage im Jahr 2013 zu betrachten, da zu diesem Zeitpunkt die Einstellungszusage zurückgenommen worden sei. Im Jahr 2013 habe sich die Beklagte auf die gesetzliche Grundlage im Niedersächsischen Schulgesetz berufen dürfen. Damals sei die Rechtsprechung des BVerfG aus dem Jahr 2003 maßgeblich gewesen, wonach für ein Kopftuchverbot „nur" ein hinreichend bestimmtes Gesetz gefordert worden sei. Die neuere Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2015, die für ein Kopftuchverbot zusätzlich eine konkrete Gefahr für die Schutzgüter Schulfrieden und Neutralität verlange, habe es im Jahr 2013 noch nicht gegeben.


Das Urteil (Az. 3 A 24/16) ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen eines Monats nach Zugang der schriftlichen Entscheidungsgründe mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.

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